BAG, Urteil v. 24.08.2023- AZ: 2 AZR 17/23 Eingeordnet unter Kündigung.
Jeder kennt es, fast jeder nutzt es. WhatsApp ist laut statistischem Bundesamt auf fast allen Telefonen installiert und wird dementsprechend selbstverständlich im beruflichen Kontext genutzt.
Dass die Verbreitung unzutreffender, rufschädigender Äußerungen mittels WhatsApp eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen kann, hatte bereits das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg 2019 entschieden (Urt. v. 14.03.2019 – 17 Sa 52/18 – LINK).
Nun hat ebenfalls das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass auch Inhalte einer privaten Chatgruppe für eine Kündigung herangezogen werden können (BAG, Urt. 24.08.2023 - 2 AZR 17/23).
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
Der Kläger gehörte einer sieben-köpfigen WhatsApp-Gruppe an. Fünf der Mitglieder waren Kollegen des Klägers. Zudem war auch noch ein ehemaliger Kollege Teil der Gruppe. Alle Gruppenmitglieder waren untereinander „langjährig befreundet“, zwei sogar miteinander verwandt.
In der gemeinsamen Chatgruppe wurden sowohl rein private Nachrichten verschickt, aber auch beleidigende und menschenverachtende Äußerungen über Vorgesetzte und andere Arbeitskollegen. Wobei Letztere nicht nur „aus der Feder“ des Klägers stammten.
Nachdem die Beklagte zufällig Kenntnis von diesen Nachrichten erhalten hat, kündigte sie das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristlos.
Wo sowohl das Arbeitsgericht, als auch das Landesarbeitsgericht der Kündigungsschutzklage des Klägers stattgaben, beurteilt das Bundesarbeitsgericht dies nun anders:
Wer sich in einer sieben-köpfigen privaten Chatgruppe in stark beleidigender, rassistischer, sexistischer und zu Gewalt aufstachelnder Weise über Vorgesetzte und Kollegen äußert, kann sich nur im Ausnahmefall auf die berechtigte Vertraulichkeitserwartung an eine private Chatgruppe berufen, so die Erfurter Richter.
Das Bundearbeitsgericht hatte sich mit dieser Entscheidung nun zum ersten Mal mit der Frage beschäftigt, ob eine private WhatsApp-Gruppe ein geschützter, privater Raum ist, in dem Vertraulichkeit gilt. Dies verneinte das BAG: zwar gebe es grundlegend eine Vertraulichkeitserwartung an private Nachrichten, diese Erwartung an Vertraulichkeit ist jedoch nur dann berechtigt, wenn die Mitglieder der Chatgruppe den besonderen persönlichkeitsrechtlichen Schutz einer vertraulichen Kommunikation in Anspruch nehmen können – eine solche wiederum ist abhängig von der Größe und insbesondere dem Inhalt der ausgetauschten Nachrichten.
Sind die Inhalte einer privaten Chatgruppe jedoch beleidigende und menschenverachtende Nachrichten über Vorgesetzte und Kolleg:innen, so bedarf es einer besonderen Darlegung für den Verfasser, woraus er ableiten will, dass er davon ausgegangen ist, der Inhalt werde von keinem der Gruppenmitglieder nach außen getragen.
Mit anderen Worten: beleidigende und menschenverachtende Nachrichten über Betriebsmitglieder genießen nicht dieselbe Vertraulichkeitserwartung wie Nachrichten mit „sachlicherem“ Inhalt und können eine fristlose Kündigung rechtfertigen.