Aktuell hat sich das BAG mehrfach zu der Frage geäußert, ob im Betrieb eingesetzte Leiharbeitnehmer als Arbeitnehmer des Betriebs gelten und deshalb im Rahmen unterschiedlicher gesetzlicher Schwellenwerte mitzuzählen sind.
Gemäß § 111 S. 1 BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz) hat in Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten.
In dem vom BAG zu entscheidenden Fall ging der Arbeitgeber davon aus, dass der Schwellenwert des § 111 S. 1 BetrVG nicht erreicht sei, weil Leiharbeitnehmer in diesem Zusammenhang nicht berücksichtigt werden müssten. Der zehnte Senat des BAG widersprach dieser Auffassung. Bei der Ermittlung des Schwellenwertes von 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern sind Leiharbeitnehmer, die länger als drei Monate im Unternehmen eingesetzt sind, mitzuzählen, obwohl sie nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Entleiher stehen (BAG v. 18.10.2011 - 1 AZR 355/10).
Der Normzweck der Vorschrift - die finanzielle Überforderung von kleineren Unternehmen durch Interessenausgleich und Sozialplan - steht dem nach Ansicht des BAG nicht entgegen, denn für die Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens macht es keinen Unterschied, ob die Arbeitsplätze mit eigenen Arbeitnehmern oder Leiharbeitnehmern besetzt sind. Entweder der Arbeitgeber bezahlt Arbeitsentgelt an seine Arbeitnehmer oder er entrichtet an das Verleihunternehmen Entgelt für die Arbeitnehmerüberlassung.
Aktuell hatte sich das BAG darüber hinaus mit der Frage zu befassen, ob Leiharbeitnehmer im Rahmen der Schwellenwerte des KSchG (Kündigungsschutzgesetz) - konkret des § 23 Abs. 1 S. 3 KSchG - zu berücksichtigen sind. Nach § 23 Abs. 1 S. 3 KSchG gilt das Kündigungsschutzgesetz für nach dem 31.12.2003 eingestellte Arbeitnehmer nur in Betrieben, in denen in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt werden.
Insoweit stellte der zweite Senat im Rahmen eines Kündigungsrechtsstreits nun fest, dass bei der Berechnung der Betriebsgröße auch die im Betrieb beschäftigten Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen sind, wenn ihr Einsatz auf einem "in der Regel" vorhandenen Personalbedarf beruht (BAG v. 24.01.2013 - 2 AZR 140/12). Auch in diesem Zusammenhang wäre es - nach Auffassung des urteilenden Senats - nicht von Bedeutung, dass die Leiharbeitnehmer nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Betriebsinhaber stünden.
Mit der Frage, ob Leiharbeitnehmer auch im Rahmen des § 9 BetrVG ("Zahl der Betriebsratsmitglieder") zu berücksichtigen sind, wird sich der siebte Senat am 13.03.2013 (7 ABR 69/11) zu beschäftigen haben. Die vorstehenden Entscheidungen geben Grund zur Hoffnung, dass das BAG seine Rechtsprechung auch insoweit an die veränderten betrieblichen Gegebenheiten anpasst und die im Betrieb beschäftigten Leiharbeitnehmer in der Zukunft auch für die Bestimmung der Betriebsgröße mitzählen.