Am 23.05.2024 wird das Grundgesetzt 75 Jahre alt. Eingeordnet unter Sonstiges.
Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland wird am 23.05.2024 75 Jahre alt. Es bildet das Fundament für unseren freien und demokratischen Rechtsstaat und unser Zusammenleben in diesem.
Obwohl die im Grundgesetz geregelten Grundrechte nach Artikel 1 Absatz 3 Grundgesetz nur die Gesetzgebung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht binden, haben die Grundrechte erheblichen Einfluss auf das Arbeitsrecht. Ausnahmen von dem eben genannten Grundsatz bildet das Recht auf Koalitionsfreiheit nach Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz und das Recht auf gleichen Zugang zu öffentlichen Ämtern nach Artikel 33 Grundgesetz. Diese gelten für das Arbeitsrecht unmittelbar. Da aber alle Grundrechte eine mittelbare Drittwirkung entfalten, fließt der Rechtsgehalt der Grundrechte ständig in arbeitsrechtliche Vorschriften, aber auch die Rechtsprechung mit ein.
Besonders relevant sind im Arbeitsrecht die Artikel 1 und 2 Grundgesetz. Nach Artikel 1 Grundgesetz ist die Würde des Menschen unantastbar. Artikel 2 Grundgesetz regelt das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, das Recht auf Leben, das Recht auf körperliche Unversehrtheit und das Recht auf Freiheit der Person. Aber auch Artikel 3 Grundgesetz, der regelt, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, spielt im Arbeitsrecht eine besondere Rolle.
Die Unwirksamkeit von schikanierenden Weisungen des Arbeitgebers oder die Unzulässigkeit von heimlichen Videoaufzeichnungen und/oder Tonbandüberwachungen von Arbeitnehmern sind auf die Grundrechte des Grundgesetzes zurückzuführen. Dasselbe gilt für die Tatsache, dass der Arbeitgeber zum Beispiel seine Beschäftigten vor sexuellen Belästigungen schützen muss und den Arbeitsplatz so zu gestalten hat, dass von ihm keine Gefahr für die Beschäftigten ausgeht. Die früher gängige unterschiedliche Behandlung von Arbeitern und Angestellten im Bereich der Kündigungsfristen war nicht mit dem Gleichheitssatz zu vereinbaren, weshalb die entsprechende gesetzliche Regelung geändert wurde. Ohne das Vorliegen von sachlichen Gründen dürfen Beschäftigte nicht unterschiedlich behandelt werden, zum Beispiel bei der Vergütung. Aber auch Teilzeitbeschäftigte und befristet Beschäftigte dürfen wegen ihrer Teilzeit oder ihrer befristeten Beschäftigung aufgrund des Gleichheitsgrundsatzes nicht unterschiedlich behandelt werden, zumindest nicht ohne einen sachlichen Grund.
Die Glaubens- und Gewissensfreiheit nach Artikel 4 Grundgesetz hat auch erhebliche Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis. So darf einer Arbeitnehmerin in einem Kaufhaus nicht das Tragen eines Kopftuches aus religiösen Gründen verboten werden, während ein öffentlich-rechtlicher Arbeitgeber den Erzieherinnen in einer Kindertagesstätte durchaus anweisen darf, ohne Kopftuch zu arbeiten. An diesem Beispiel erkennt man, dass die Kollision von Grundrechten je nach Berufsfeld unterschiedlich im Arbeitsrecht bewertet werden kann.
An diesen wenigen Beispielen sieht man, dass unser „altes Grundgesetz“ tagtäglich Einfluss auf unsere Arbeitswelt nimmt.