BAG, Urteil v. 19.12.2018 - 10 AZR 231/18 Eingeordnet unter Sonstiges.
Für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind die Arbeitsbedingungen in Tarifverträgen geregelt. Tarifverträge enthalten u.a. Regelungen zur Arbeitszeit, zu deren Verteilung, zu Löhnen/Gehältern und oft zur Vergütung von Mehrarbeit.
Zahlreiche Tarifverträge sehen Mehrarbeitszuschläge und damit eine zusätzliche finanzielle Leistung dann vor, wenn Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus im Einsatz sind.
Für Teilzeitbeschäftigte bedeutet dies, dass sie Mehrarbeitszuschläge nur für die Stunden beanspruchen könnten, die sie über die Arbeitszeit einer/eines Vollzeitbeschäftigten gearbeitet haben. Ist z.B. eine Teilzeit von 20 Wochenstunden bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 38 Wochenstunden vereinbart, müssten vom Arbeitgeber Zuschläge erst ab der 19. Mehrarbeitsstunde pro Woche gezahlt werden. Demgegenüber erhielten Vollzeitbeschäftigte Mehrarbeitszuschläge ab der ersten Überstunde.
In der Vergangenheit wurde diese Ungleichbehandlung von Teilzeitbeschäftigten gegenüber Vollzeitbeschäftigten von verschiedenen Senaten des Bundesarbeitsgerichts unterschiedlich bewertet.
Mit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 19.12.2018, Aktenzeichen 10 AZR 231/18, wurde die Rechtsprechung zugunsten von Teilzeitbeschäftigten vereinheitlicht:
Ein Tarifverständnis, nach dem ein Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge erst bestünde, wenn die Arbeitszeit bei Vollzeittätigkeit überschritten wird, führte zu einer unmittelbaren Ungleichbehandlung von Teilzeitkräften (so BAG, Urteil vom 19.12.2018, 10 AZR 231/18).
Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz dürfen Teilzeitbeschäftigte wegen der Teilzeit nicht schlechter behandelt werden als vergleichbare Vollzeitbeschäftigte. Dies gilt auch für tarifliche Regelungen.
Als Zweck von Mehrarbeitszuschlägen des betreffenden Tarifvertrages sah es das BAG an, die durch die Mehrarbeit verursachte Einbuße der Verfügungsmöglichkeit über die Freizeit zu belohnen und den Arbeitgeber davon abzuhalten, in den geschützten Freizeitbereich einzugreifen. Dies „trifft“ Teilzeit- und Vollzeitkräfte gleichermaßen. Einen sachlichen Grund für eine ungleiche Behandlung gibt es nicht.
Es lohnt sich, Mehrarbeitsstunden nicht nur zu dokumentieren, sondern auch die Lohn-/Gehaltsabrechnungen darauf zu überprüfen, ob tariflich vorgesehene Zuschläge für geleistete Mehrarbeit gezahlt werden. Fehlen Mehrarbeitszuschläge, sollten diese beim Arbeitgeber zügig schriftlich geltend gemacht werden. Hierfür sehen Tarifverträge/Arbeitsverträge oft Ausschlussfristen vor, die beachtet werden müssen. Andernfalls droht der Anspruchsverlust durch bloßen Zeitablauf.